Zunächst einmal einige rechtliche Aspekte zu dieser Problematik:
Laut § 145 BGB gilt die „Bindung an einen Antrag“:
„Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.“
Schon die schlüssige Handlung des Anrufes durch einen Interessenten in einer Praxis zur Terminvereinbarung gilt als Zustandekommen eines mündlichen Vertrages mit sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten von beiden Seiten.
Jedoch gibt es unterschiedliche Gerichtsurteile zu Honorarrechnungen, die bei der Betrachtung in Frage kommen können. Die Verbraucherzentrale NRW hat dazu Informationen auf ihrer Seite (www.verbraucherzentrale.nrw )zusammengefasst, aus denen hervorgeht, dass Gerichtsentscheide völlig konträr gefällt wurden und vom Einzelfall abhängen. Daraus ergibt sich, dass es keine allgemein gültige Rechtsgrundlage für diese Problematik gibt.
Das Amtsgerichts Diepholz (Urteil vom 26. Juni 2011 des, Az.: 2 C 92/11) bejaht einen Vergütungsanspruch des Arztes.
Bei einer Bestellpraxis und einer zeitaufwendigen Behandlung kann ein Ausfallhonorar anfallen. Der Arzt ist jedoch verpflichtet, den entstandenen Schaden gering zu halten. So kann er in dieser Zeit möglicherweise andere Patienten behandeln oder Verwaltungsaufgaben erledigen. Das Ausfallhonorar würde entsprechend geringer ausfallen. Kann der Arzt die Zeit auf diese Weise nicht nutzen und kann er dies nachweisen, steht ihm unter Umständen ein Ausfallhonorar in voller Höhe zu. Voraussetzung dafür ist jedoch in der Regel, dass eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient vorliegt, wonach bei ausbleibendem Erscheinen oder kurzfristiger Absage eine Vergütung in Höhe des ausgefallenen Honorars zu zahlen ist.
Das Amtsgericht Bremen (Urteil vom 09.Februar 2012, Az.: 9 C 0566/11) verneint einen Vergütungsanspruch.
Es vertritt die Ansicht, dass eine Terminabsprache jederzeit folgenlos storniert werden könne – selbst wenn ein bereits abgeschlossener Behandlungsvertrag eine Vergütungspflicht vorsehe (Urteil vom 09.Februar 2012, Az.: 9 C 0566/11). Die Absage des Termins sei dann im Zweifel als eine außerordentliche Kündigung des Behandlungsvertrages mit dem behandelnden Arzt zu sehen, die an keine Fristen gebunden ist.
Auch das Landesgericht Bremen (Urteil vom 15.04.2005, Az.: 55 S310704) verneint einen Vergütungsanspruch.
Eine Klausel in einem vorgedruckten „Anmeldeformular“ eines Zahnarztes, wonach vereinbarte Termine bei Verhinderung des Patienten 24 Stunden vorher abgesagt werden müssen und ansonsten ein Ausfallhonorar von 75 Euro in Rechnung gestellt werde, halte der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie benachteilige den Patienten in unangemessener Weise. Die Vereinbarung eines Ausfallhonorars für nicht eingehaltene Termine könne nur dann wirksam sein, wenn dem Patienten eine Entlastungsmöglichkeit im Falle des unverschuldeten Nichterscheinens gegeben wird.
Für unsere Praxen ergeben sich daraus einige Konsequenzen, um von vornherein Ansprüche zu erwirken und diese auch durchsetzen zu können:
- Weisen Sie an gut sichtbarer Stelle auf Ihre Forderung eines Ausfallhonorars hin. Das kann auf Ihrer Homepage sein, auf die Sie durch mündliche Information oder per gut sichtbarem Aushang in Ihrer Praxis hinweisen.
- Formulieren Sie Ihren Anspruch auf ein Ausfallhonorar so, dass es juristisch Bestand haben könnte, so wie etwa: „Nicht oder nicht rechtzeitig abgesagte Termine werden mit dem vollen für die Behandlung zu erwartenden Honorar in Rechnung gestellt, da meine Termine jeweils für einen Zeitraum von einer vollen Zeitstunde in meinem Kalender eingetragen werden. Sollte ich keinen kurzfristigen Alternativtermin mit anderen Patienten vereinbaren können, wird eine solche nicht eingehaltene Terminvereinbarung dem Verursacher in Rechnung gestellt werden. Nicht rechtzeitig gilt für einen Zeitraum von 24 Stunden vor dem Termin, bei Terminen, die für einen Montag vereinbart sind, muss der Termin bis Freitagmittag 13 Uhr abgesagt worden sein“. (Dies ist ein Beispiel und kein verwendbarer Textbaustein, auf den ich Gewähr gebe!)
- Bei telefonischen Terminvereinbarungen Ihnen bislang unbekannter Patienten lassen Sie sich IMMER den Namen buchstabieren, um sicher die korrekte Namensschreibweise in Ihren Kalender einzutragen. Zudem lassen Sie sich zu Ihrer Absicherung bitte die vollständige postalische Adresse des Anrufers mit einer Festnetztelefonnummer und der E-Mail-Adresse geben.
- Sie verweisen anschließend ausdrücklich auf Ihre Ausfallforderungen, das kann auch telefonisch erfolgen. Machen Sie sich dazu eine kurze Notiz in den Termin als Nachweis über die erfolgte Aufklärung.
- Verifizieren Sie die Patientenangaben durch einen kurzen Abgleich über das Internet.
- Erfragen Sie, auf welchem Wege der Interessent Kenntnis von Ihrer Praxis erlangt hat. Wenn der Patient auf Empfehlung anderer Patienten einen Termin bei Ihnen vereinbart, notieren Sie, um welchen Ihrer Bestandspatienten es sich handelt. Schon die Nennung des Empfehlenden wirkt wie eine Rückversicherung, dass der Termin eher eingehalten werden wird.
- Vereinbaren Sie für den Ersttermin eine Zeit, die Sie von vornherein um 15 Minuten verschieben werden. So haben Sie einen triftigen Grund für einen Anruf wenige Tage vor dem vereinbarten Termin zur Terminverschiebung und können auch auf diesem Wege den anstehenden Termin in Erinnerung bringen. Aus einem solchen Telefonat hören Sie sehr sicher schon heraus, ob der Interessent überhaupt noch an die Terminvereinbarung bei Ihnen „gedacht“ hat. Sollte dies nicht der Fall sein, haben Sie ausreichend Spielraum, den Termin entweder beim Interessenten „in Erinnerung“ zu bringen oder ihn aus Ihrem Terminkalender rechtzeitig zu streichen.
- Sollte ein Patient, der bereits seit Längerem bei Ihnen in Behandlung ist, einen Termin einmal vergessen, so lautet mein Rat, dies als einmaligen „Ausrutscher“ zu akzeptieren. Erledigen Sie Arbeiten in dieser Zeit, die ansonsten liegen geblieben wären.
- Handelt es sich hingegen um einen Patienten, der „öfters einmal seine Termine vergisst“, schreiben Sie eine Rechnung und bestehen auf Begleichung derselben. Sollte ein Ausgleich der offenen Forderung ausbleiben, scheuen Sie sich konsequenterweise bitte nicht, an diese zu erinnern und diese auch zu mahnen sowie den Schritt in die gerichtliche Forderung zu gehen. Patienten, die immer wieder Ihre Zeitplanung missachten, sind es nicht wert, weitere Termine in Ihrem Kalender eingeräumt zu bekommen. Auch Weiterempfehlungen von solchen Patienten sind eher skeptisch zu betrachten!
Wenn Sie alle Maßnahmen gewissenhaft einhalten, haben Sie im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung um ein Honorar für eine nicht in Anspruch genommene Leistung eher gute Chancen, Ihre Forderungen durchsetzen zu können. Ihre Strukturen, mit denen Sie von vorneherein Terminausfälle zu vermeiden und Leerläufe in Ihrem Praxisalltag zu verhindern versuchen, finden eher Zustimmung vor Gericht, als wenn Ihnen im Zweifelsfalle eine bestimmte Willkürlichkeit angelastet werden kann.
Sabine Schiewer
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